DVZ Bericht Nr.101 19.12.2014

Startup will als SameDay-Zusteller den Markt erobern

Im stark umkämpften Paketmarkt will ein Startup-Unternehmen aus Ladbergen im Münsterland mit einem "innovativen Nischenkonzept" den Großen der Branche wie DHL, UPS, DPD, GLS & Co. die Zähne zeigen. "Wir konzentrieren uns dabei auf Sameday-Zustellung im regionalen B2B-Geschäft und das zu marktüblichen Preisen von Standardpaketen", beschreiben Henrik Berlemann und Jörg Unruh, geschäftsführende Gesellschafter der RegioLogistik Deutschland GmbH & Co. KG, ihr Konzept. Schlanke Strukturen, fehlende Hauptläufe zu einem Hub und der Verzicht auf kostenintensive Umschlagtechnik sollen dies ermöglichen.

erlemann und Unruh wollen das Konzept als Franchisemodell bundesweit etablieren. Angepeilt werden 30 Depots in Deutschland mit jeweils 10 bis 20 Kurierfahrzeugen. "Wir wollen das Konzept schrittweise in den nächsten fünf Jahren positionieren", sagen sie. Gespräche mit Interessenten werden geführt. Mit ersten Franchisenehmern für Depotregionen wollen Berlemann und Unruh in Kürze handelseinig werden.

Als Referenz dient den beiden Unternehmern die seit Ende 2009 operativ tätige RegioLogistik Münster-Osnabrück mit Sitz in Greven, dessen Inhaber Berlemann ist. Das Unternehmen zählte nach zwei Jahren gut 500 Gewerbekunden in der Region Greven mit einem Radius von 50 km inklusive der beiden Städte Münster und Osnabrück, berichtet Berlemann von einer starken Nachfrage nach der Dienstleistung.

Heute zählt er über 800 Firmen als Kunden vom Dentallabor bis zum Reifengroßhändler. Rund 15 Kurierfahrzeuge, darunter 4 von Berlemann und 11 von neun selbstständigen Kurierfranchisepartnern, transportieren täglich im Schnitt 1100 Packstücke. Der größte Teil der Pakete bleibt dabei in der Region, so Berlemann, der noch zwei Mitarbeiter im Unternehmen zählt.

"Wir haben mit der RegioLogistik in Greven frühzeitig schwarze Zahlen geschrieben", erläutert Berlemann. "Das System funktioniert", ist er überzeugt. Berlemann hat sogar bereits Erweiterungspläne: Er plant den Umzug auf ein größeres Areal in der Nähe des Flughafens Münster/Osnabrück. "Unser heutiges Depot platzt aus allen Nähten", sagt er zur Begründung.

Umschlag per Hand

Und so läuft das System: Täglich werden zwei Abhol- und zwei Zustellwellen innerhalb der Region gefahren. So kann die Ware morgens abgeholt und bereits am gleichen Tag zugestellt werden. Sendungen, die nachmittags übernommen werden, werden am nächsten Vormittag ausgeliefert. Zum Teil soll es noch schneller gehen, und zwar, wenn sich der Empfänger auf der Zustellroute befindet. Dann liefert der Kurierfahrer die Ware ohne Umschlag im Depot direkt aus. Im Depot wird die Ware manuell von Kurier zu Kurier verteilt. Jeder Kurier ist exklusiv für ein bestimmtes Gebiet innerhalb der Region zuständig.

Der manuelle Umschlag hat den Vorteil, dass die Packstücke nicht bandfähig sein müssen. So können neben Standardpaketen etwa Fahrräder oder Leitern umgeschlagen und befördert werden. Als Vorteil gilt auch, dass der Verpackungsstandard geringer ist als bei herkömmlichen Paketdiensten. Statt beispielsweise Fahrradreifen in einen Karton zu packen, werden sie einfach mit einem Kabelbinder zusammengebunden. "Transportiert wird alles, was eine Person problemlos bewegen kann", sagt Berlemann. Europaweiter Versand erfolgt als Zusatzleistung durch diverse Systempartner zu den branchenüblichen Rahmenbedingungen.

Auf eigene Rechnung

Die Kurierfranchisepartner fahren auf eigene Rechnung und sind für die gesamte operative Abwicklung verantwortlich vom Transport über die Tourenplanung bis hin zur Beund Entladung. Sie sind Franchisenehmer der jeweiligen Regionalgesellschaft. "Dies sorgt für ein angemessenes Auftreten beim Kunden und einen erstklassigen Service vor Ort", meint Unruh. Denn dadurch haben sie ein Eigeninteresse an neuen Aufträgen, jeder Paketempfänger ist auch ein potenzieller Kunde. Außerdem gehe die Schadenquote gegen null.

"Wir verzeichnen eine vergleichsweise niedrige Fluktuation bei den Kurieren. Das spricht für das System", betont Berlemann. Es gebe auch noch welche der ersten Stunde. Zu den Konditionen des Kurierfranchisevertrags will sich Berlemann nicht näher äußern. Nur so viel: "Die Kurierfahrer sind als direkte Ansprechpartner der Kunden für ihren Umsatz selbst verantwortlich."

Ein eigenes für Regio-Logistik entwickeltes ITSystem unterstützt die Prozesse: Neben einer Labelsoftware für Großkunden kommt an sämtlichen Schnittstellen das Smartphone zur Barcodescannung zum Einsatz. "Wir verfügen nicht nur über eine unseren Kunden online zur Verfügung stehende Sendungsverfolgung in Echtzeit, sondern auch über die Möglichkeit, mit Hilfe von Geotracking zu jeder Scannung eine geografische Position zu ermitteln", erläutert Berlemann. Des Weiteren wird jede Sendung von der Abholung bis zur Auslieferung und zur Rechnungsstellung durch das System geführt. Damit bleiben der Verwaltungsaufwand gering und die OverheadKosten niedrig.

Berlemann war früher Franchisenehmer bei Fastway Couriers, einem neuseeländischen Unternehmen, auf das das Sameday-Regionalkonzept zurückgeht. 2002 ist Fastway mit dem Franchisekonzept nach Deutschland gekommen, musste aber im April 2010 Insolvenz anmelden. In Neuseeland und Australien ist Fastway dagegen heute noch aktiv. "Wir haben aus den Fehlern von Fastway in Deutschland gelernt, finden aber die Grundidee nach wie vor hochinteressant", sagen Berlemann und Unruh.

Das FastwaySystem sei zu starr gewesen und habe zu viel vorgeschrieben. Deshalb habe es in dieser Art nicht auf den deutschen Markt gepasst. "Wir wollen Regio-Logistik gemeinsam mit den Franchisenehmern weiterentwickeln", erläutern sie. Eine Berechnung der Franchisegebühr am Umsatz beispielsweise wird es bei Regio-Logistik für die Lizenznehmer des Konzepts nicht geben. "Unser Lizenzsystem ist sehr viel einfacher und transparenter", behauptet Berlemann.

Neben einer Einstiegsgebühr wird eine Lizenzgebühr fällig, die nach Jahren gestaffelt und nach oben gedeckelt ist. "Sie entspricht dann in etwa dem Gehalt eines Sachbearbeiters, der für den Einsatz und die Pflege der IT ohnehin notwendig wäre", sagt Berlemann. Bei Fastway belief sich die Lizenzgebühr den Angaben zufolge auf knapp 10 Prozent vom Umsatz ein "zu großer Schluck aus der Pulle", wie Unruh und Berlemann meinen.

Bericht von 18. Dezember 2014 | von Axel Granzow
QUELLE: DVZ Nr.101 ·19.12. 2014 |  http://www.dvz.de

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DVZ Bericht 19-12 2014 - Startup (296,9 KiB)

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